bochum macht spaß
Foto: VfL Bochum 1848

BOCHUMER EVENT CENTER | EIN NEUES HIGHLIGHT

Text: David Wienand

Fotos: VfL Bochum 1848r

HEIKO BUTSCHER | DER SCHLAGZEUGER DES VFL

Auch wenn Heiko Butscher, der Relegationsheld und aktuelle U21-Erfolgstrainer des VfL Bochum 1848, eher zurückhaltend darauf reagiert, wenn man ihn, den gebürtigen Baden- Württemberger, aufgrund seiner langen Tätigkeit an der Castroper Straße einen Bochumer Jungen nennen möchte, so wird in dem Gespräch, das David Wienand für Bochum macht Spaß mit dem ehemaligen VfL-Spieler und nun auch Coach im Verein geführt hat, doch sehr schnell klar, dass der sympathische Zeitgenosse – und übrigens auch leidenschaftliche Schlagzeuger – sein Herz an seine zweite Heimat verloren hat, auch wenn er, wie er zugibt, die leckere Küche seiner Oma und die Nähe zu den Bergen gelegentlich vermisst.

Heiko, es sind die ersten Tage nach dem äußerst souveränen 4:0-Heimsieg der U21 des VfL Bochum im Ruhrstadion vor großer Kulisse gegen Rot Weiß Ahlen, da wir dieses Gespräch führen. Darf man daher von dir erfahren, ob du von nun an fest mit dem Aufstieg deines jungen Teams in die Regionalliga rechnest?
Die Entwicklung der Mannschaft, unserer U21, ist außergewöhnlich, keine Frage. Vor der Saison hätte kaum jemand damit gerechnet, dass wir derart konstant performen. Insofern muss ich vor meinem Team den Hut ziehen. Sie setzen das, was verlangt wird, bis hierhin sehr gut um. Noch sind wir aber nicht am Ziel und aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es erst vorbei ist, wenn entweder rechnerisch alles klar ist oder der letzte Abpfiff ertönt.XXXXX

Hast du es sehr genossen, wieder einmal auf der Bank an der Castroper Straße zu sitzen?
Ich habe ja so gut wie gar nicht gesessen, war eigentlich immer in Bewegung. (lacht) Für die Jungs hat es mich gefreut, sie konnten so nach den Erfahrungen aus dem Derby gegen Wattenscheid nun schon zum zweiten Mal in unserem „Wohnzimmer“ vor großer Kulisse aufspielen.

Wechseln wir kurz die Liga: Wenige Tage, nachdem unser Mai-Heft mit diesem Gespräch darin erscheint, beginnen die beiden Relegationsspiele der Bundesliga. Wird der VfL eines der beiden Teams sein, das um den Aufstieg bzw. Verbleib in der 1. Liga kämpft? Und falls ja, wird der VfL wieder der glückliche Gewinner sein?
Wir alle beim und rund um den VfL hoffen das sehr. Aber zunächst einmal muss dieser 16. Platz überhaupt erst erreicht werden. Allein das wird schon schwer genug angesichts eines Restprogramms, in dem es für jeden Klub – Stand jetzt – noch um etwas geht. Sich vorher Gedanken darüber zu machen, „was wäre, wenn…“, verbietet sich also.

Meinst du, Dieter Hecking wird dich als Glücksbringer, sollte es in die“Nachspielzeit“ gehen, weil erfolgreicher Relegationssieger, mit auf die Bank nehmen und direkt neben sich Platz nehmen lassen?
Dieter Hecking wird auf meine Anwesenheit gut verzichten können, denn das Trainerteam ist top besetzt. Und mit Marc Kruska hat er ja schon einen „Relegationsexperten“ als Ansprechpartner neben sich.

Wie froh bist du allerdings auch, dass du in dieser Saison nicht die Relegationsverantwortung auf deinen Schultern spürst?
Die Wochen in der vergangenen Saison waren extrem fordernd und werden mir sehr lange in Erinnerung bleiben. Dass wir es als Gruppe geschafft haben, uns aus dieser fatalen Lage zu befreien, ist schon ein Stück deutscher Sportgeschichte. Insofern bin ich sehr stolz, dass ich meinen Teil dazu beitragen konnte.

Apropos Verantwortung: Die trägst du nun für die U21 des VfL. Hat es da von Beginn an die Zielvorgabe Aufstieg gegeben?
Wir haben eine völlig neu zusammengestellte Mannschaft, von daher konnte niemand wissen, ob es in dieser Konstellation überhaupt klappt. Die Mannschaft hat sich aber sehr schnell gefunden und ist seitdem extrem fokussiert. Diesen Fokus müssen wir in den kommenden Wochen beibehalten. Das Ziel Aufstieg wurde erstmals von der VfL-Geschäftsführung auf der Mitgliederversammlung im Dezember 2024 öffentlich formuliert.

Mit wenigen Ausnahmen spielt deine Mannschaft sich von Sieg zu Sieg. Was macht das Nachwuchs-Team des VfL Bochum in dieser Saison so erfolgreich?
Das ist ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren: Die individuelle Spielerentwicklung steht absolut im Vordergrund. Meine Spieler besitzen schon enorme Fähigkeiten in Sachen Technik, Taktik und Physis. Diese Fähigkeiten fördern und fordern wir in jedem Training und jedem Meisterschaftsspiel. Die Basis bilden jedoch eine hervorragende Teamkultur sowie der Zusammenhalt über Monate hinweg. Eine gute Atmosphäre in der Kabine und auf dem Platz, eine Identifikation mit dem Verein und dessen Werten sowie eine Vorbildfunktion der Führungsspieler innerhalb des Teams sind Faktoren, die am Ende zu guten Ergebnissen führen. Rein sportlich gesehen zeichnet sich die U21 durch eine hohe taktische Flexibilität und vielseitige Spielsysteme aus, je nach Gegner oder Spielsituation. Hinzu kommt eine hohe Spielintelligenz im Spielaufbau und bei verschiedenen Pressing-Varianten. Zusammengefasst: Der Spaßfaktor ist hoch, sie können richtig gut kicken und es macht Bock, zuzuschauen.

Wichtig für den Erfolg sind ja auch die Rahmenbedingungen. Wie siehst du das Talentwerk des VfL Bochum aktuell aufgestellt?
Mit dem Ausbau des eigentlichen Nachwuchszentrums an der Hiltroper Straße werden wir einen großen Schritt nach vorne machen, als Talentwerk insgesamt. Ansonsten muss es weiterhin unser Ziel und Anspruch sein, so viele Talente wie möglich in den Profibereich durchzubringen, idealerweise beim VfL. Die Jungs müssen aber auch bereit sein, den Weg bei uns gehen zu wollen. So wie Hugo Rölleke, Kacper Koscierski oder Cajetan Lenz, die allesamt ihren Weg bei uns weitergehen wollen. Durch den Einstieg von Dirk Dufner hat der VfL nun wieder einen Geschäftsführer Sport, womit wir vom Talentwerk jetzt auch wieder einen Ansprechpartner haben, um Dinge zu planen und voranzutreiben. Zuschauer können eigentlich nie genug bei einem Spiel sein und die Mannschaft unterstützen. Macht an dieser Stelle doch mal Werbung für Besuche von Spielen der U21 an der Hiltroper Straße. Oft überschneiden sich ja die Spiele unserer U21 mit denen der Profis. Aber der Zuspruch bei unseren Spielen im Vonovia Ruhrstadion zeigt, dass sich die VfL-Fans und Mitglieder für unsere U21 interessieren. Was sie zu sehen bekommen, ist eine Mannschaft, die das Spiel dominieren will und sich mit viel Einsatz in einer physisch anspruchsvollen Liga behauptet.

Aus deiner Heimat in Baden-Württemberg bist du 2005 zum ersten Mal ins Ruhrgebiet nach Bochum gekommen, dann 2013 zum zweiten Mal, und du bist geblieben. Würdest du dich mittlerweile als waschechten Bochumer Jungen bezeichnen?
Wenn ich das täte, bekäme ich vermutlich Ärger mit „waschechten“ Bochumerinnen und Bochumern. Aber ich bin gerne hier und habe für meine Familie und mich den Lebensmittelpunkt in Bochum gefunden.

Was hat Bochum, was man in Baden-Württemberg nicht findet? Und wenn dich mal das Heimweh überkommt, was vermisst du von deiner oberschwäbischen Heimat?
Bochum zeichnet sich durch ein starkes kulturelles Angebot, insbesondere das Schauspielhaus Bochum, aus. Das kenne ich so aus meiner Heimat nicht. Ich mag die Malocher-Mentalität sehr gerne, nicht alles ist perfekt. Ehrliche Menschen mit Ecken und Kanten. Das kommt meinen Werten von Einstellung, Demut, Respekt und Bescheidenheit sehr nah. Was ich hier natürlich vermisse, ist die original oberschwäbische Küche. Das dauert jetzt aber zu lange, um hier alles aufzuzählen. Was meine Oma früher alles gekocht hat, findet man in keinem Rezeptbuch. Und landschaftlich fehlen mir natürlich die Berge. Am Wochenende mal eben nach Vorarlberg auf die Skipiste – das waren Highlights für uns als Jugendliche.

Du hast in deiner Jugend Schlagzeug gespielt und warst sogar beim Wettbewerb »Jugend musiziert« erfolgreich, liest man. Zu welcher Musik hast du damals getrommelt?
Ich konnte das gesamte Repertoire abdecken. Vom klassischen Drum-Set über Stabspiele wie Xylofon war da alles dabei. Auch die Musikrichtungen waren querbeet: von Klassik bis Rock. Ich war echt talentiert und musste mich irgendwann mal entscheiden, welchem Hobby ich weiterhin nachgehen kann, denn der Aufwand an der Spitze ist riesig. Letztendlich habe ich mich für den Fußball entschieden. Eine gute Wahl.